Freiraum und Mikroklima
aspern Die Seestadt Wiens - Subprojekt 1 - Freiraum und Mikroklima: Grundlagen für Klima sensitive Planung in Aspern
Das Ziel dieses Projekts war es, Planungs-Grundlagen und Gestaltungsrichtlinien für eine klimasensitive und energieeffiziente Stadtplanung zu entwickeln. Augenmerk lag dabei auf der Schnittstelle zwischen den Gebäuden und dem angrenzenden Freiraum, untersucht wurden die Wechselwirkungen im Hinblick auf das (Mikro-)Klima.
Ausgangspunkt war die Bestimmung der Makroklimatischen Voraussetzungen. Kleinräumige Modellsimulationen wurden vom Projektpartner AIT – Department Foresight & Policy Development mit 2 regionalen Klimamodellen durchgeführt. Ziel war, Daten für jeweils ein durchschnittliches und ein heißes Jahr bereitzustellen. Für die gebäudephysikalischen Berechnungen wurden dazu stündliche Daten aller relevanten Parameter für 2 Jahre des aktuellen Klimas sowie 2 Jahre eines künftigen Klimas aus dem Zeitraum 2041-2050 extrahiert: Temperatur, Niederschlag, Globalstrahlung, Bewölkung, relative Feuchte, Windrichtung und Geschwindigkeit. Daraus wurden dann weitere Indikatoren auf Tages- oder Monatsbasis gewonnen – etwa um Klimakomfort-Indizes zu berechnen.
Für die Entwicklung der Modelle für die späteren Simulationen und deren Plausibilitätsprüfung, mussten die Mikroklimatischen Freiraumeffekte bekannt sein. Zu diesem Zweck wurden die prinzipiellen Wirkungsmechanismen zwischen Freiraum und Mikroklima auf den beiden Maßstabsebenen der gesamten Siedlung und der einzelnen Freiräume bestimmt. Dazu wurden auf Basis einer Literaturreche vorhandene Studien und Forschungsprojekte analysiert. Die Ergebnisse daraus sollten Kriterien für die Auswahl der Referenzräume in AP3 und für die Simulationen in AP5 liefern. Außerdem wurden die für den städtischen Freiraum charakteristischen Materialien auf ihre spezifischen mikroklimatischen Eigenschaften hin untergliedert und die Ergebnisse in einem Datenkatalog zusammengefasst, um die Entwicklung der Transformationsfunktionen und die Simulationen zu unterstützen.
Um einen effektiven und skalierbaren Weg zu finden, wie die mikroklimatischen Verhältnisse im unmittelbaren Umfeld der Gebäude aus Wetterstations-Daten (die möglichst von Bebauungsdetails unbeeinflusst sein sollten) abgeleitet werden können, wurden Transferfunktionen entwickelt und getestet, die baulich relevante mikroklimatische Größen (Strahlungsstärke, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit) aus standardisierten Wetterstations-Daten ableiten lassen.
Referenzräume wurden festgelegt hinsichtlich geeigneter Kombinationen von Gebäudegeometrie, Oberflächenbeschaffenheit, Freiraumgestaltung und Bauausführung (z.B. Art der Dämmung). Es folgte die Modellierung der Gebäude und Freiräume mittels Simulationstools hinsichtlich (i) Energiebedarf der Gebäude (für Heizung und Kühlung: aktive Gebäudebetriebsszenarios); (ii) Thermische Komfortbedingungen innerhalb der Gebäude (passive sommerliche Gebäudebetriebsszenarios), (iii) Aufenthaltsbedingungen im Freiraum (unmittelbare Umgebung der Gebäude.
Die identifizierten Zusammenhänge zwischen Gesamtoberflächengestaltung (Freiraum & Gebäudeoberflächen), der energetischen Gebäudeeffizienz sowie der Aufenthaltsqualität wurden abschließend in einem Maßnahmenkatalog zusammengefasst, wobei die jeweiligen Ergebnisse zeitgerecht für Bauträgerwettbewerbe und Freiraumgestaltung zusammengestellt und an die Planungsteams kommuniziert wurden.
Schlussfolgerungen zu den Projektergebnissen
Im Rahmen dieses Projektes wurden die Effekte des Mikroklimas, des prognostizierten Klimawandels, sowie Gestaltungen von Oberflächen und Bebauungstypen auf die Performance von Referenzgebäuden in der Seestadt Aspern abgeschätzt. Folgende Schlussfolgerungen lassen sich zusammenfassen:
1) Die Ergebnisse zeigen, dass, im Fall von stark gedämmten Gebäudehüllen, die Außenoberflächengestaltung einen sehr geringen Einfluss auf Heiz- und Kühllasten der Gebäude hat. Die größten Unterschiede zeigen sich, durch den Einsatz von beschattungseffektiven Baumreihen entlang der Fassade. In diesem Fall waren die Kühllasten für die hier simulierten Gebäude um bis zu 20 % niedriger. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch durch effektiv eingesetzte Außenbeschattungen.
2) Die Simulationsergebnisse der Jahre 2040-2050 (mit prognostiziertem Klimawandel) zeigen, dass die zukünftigen Heizlasten niedriger sein dürften (um etwa 15 %), während die Kühllasten wahrscheinlich deutlich steigen werden (um etwa 23 %). Diese Resultate legen nahe, dass in Zukunft der Kühlenergieverbrauch dominieren könnte. Derzeit wird in österreichischen Wohngebäuden eine aktive Kühlung nicht benötigt. Wenn sich das durch die Erwärmung ändern sollte, könnten die Energieverbräuche stark ansteigen. Das zeigt die Bedeutung von angemessenen Maßnahmen zur Reduktion dieses Trends und ihre Einbeziehung in die derzeitige Stadtplanung.
3) Simulationsszenarien hinsichtlich Wetterdaten verschiedener Auflösung zeigen, dass die Resultate von Kühl- und Heizlasten bis zu 10 % voneinander abweichen können. Daraus lässt sich schließen, dass die Genauigkeit und Verlässlichkeit der Simulationsresultate wesentlich davon abhängig sind, ob das Mikroklima des Gebäudes berücksichtigt wurde.
4) Heizlasten der verschiedenen Ausrichtungen zeigen, dass eine Südausrichtung der Fenster geringfügig besser abschneidet. Für dasselbe Gebäude zeigt sich aber, dass die geringsten Kühllasten bei einer Nordausrichtung erreicht werden konnten. Da in der Praxis eine primäre Ausrichtung in eine Himmelsrichtung meist nicht möglich ist, wurden auch kombinierte Ausrichtungen (d.h. Nord und Süd bzw. Ost und West sowie die Nebenhimmelsrichtungen) evaluiert. Die Resultate zeigen eine etwas bessere Performance von Gebäuden mit der Ausrichtung Nord/Süd als bei der Ausrichtung Ost/West.
5) Die Ergebnisse für verschiedene Straßenbreiten implizieren, dass Bebauungen mit breiteren Straßen geringere Heizlasten bewirken, während engere Straßen zu geringeren Kühllasten führen. Kühllasten von an breiteren Straßen anliegenden Gebäuden können durch Baumreihen (oder sonstige Beschattungsmaßnahmen) reduziert werden.
6) Für die thermische Aufenthaltsqualität im Freiraum ist sowohl aus Gründen der Beschattung und somit Dämpfung des Temperaturanstieges während der Hitzeperioden wie auch aus Gründen des Windschutzes ein hoher Anteil an Begrünungsmaßnahmen und zwar insbesondere durch Laubbaumpflanzungen wünschenswert. Allgemein sollte eine Maximierung von Vegetations- und Wasserflächen angestrebt und die Versiegelung von Oberflächen vermieden werden.
Endbericht
- Projektlaufzeit
- Juni 2010 bis September 2011
- Projektleitung
- Richard Stiles
- Christoph Pollak (Wien 3420 AG - Lead)
- Projektteam
- Katrin Hagen
- Heidelinde Trimmel
- A. Mahdavi (BPI)
- K. Orehounig (BPI)
- Cristian Pollak (researchTUb)
- Wolfgang Loibl (AIT)
- Tanja Tötzer (AIT)
- Verwandte Projekte
- Bild
- © Foto: FOB Landscape
- Projektpartner*innen
- TU Wien - Abteilung für Bauphysik und Bauökologie (BPI)
- Fördergeber*innen