Die Wiesenstadt
Versuch einer Annäherung anhand des städtebaulichen Entwurfs an die Themen der Klimawandelanpassung und der COVID-19 Pandemie
Der Hintergrund
Städte wie Wien wachsen und die Vorgaben und das Handwerkszeug dazu ist aus einer Zeit, in der die Themen der Klimakrise und der aktuellen Covid-19-Pandemie keine Rolle gespielt haben. Da stellt sich die Frage, inwieweit wir mit diesen Vorgaben in eine zukunftsweisende Richtung unterwegs sind? Oder gibt es Ansätze in der städtebaulichen Planungsebene, genauso wie in der objektplanerischen, bei der die tradierten und vorgegeben Planungsschritte und Lösungen unbedingt geändert werden müssten? Die Fakten und klimatologischen Szenarien für Ostösterreich raten uns dringend dazu, vor jedem Planungsschritt, die Auswirkungen auf das bestehende und absehbare Lokalklima zu hinterfragen. Soweit sind wir leider noch nicht in der Planungspraxis. Zusätzlich kommen viele wirtschaftliche Aspekte, wie die Grundstückseigentumsverhältnisse, angenommene Bedürfnisse und systemkonservative Entscheidungsfindungsprozesse usw. hinzu, die uns daran hindern, eine Planungskultur zu etablieren, die zukunftsweisend ist.
Die Annäherung
Wir wollten mit unseren Studierenden der Architektur den didaktischen Versuch starten, sich dieser komplexen Aufgabenstellung zu stellen und sich dem Ort anzunähern. Landschaftsarchitektur alleine ist kein Allheilmittel, aber sie ist eine wichtige Stütze in der Frage der Anpassung unserer Siedlungen und unserer Städte an die Folgen des Klimawandels.
Das kann die Landschaftsarchitektur nur in der engen, gleichzeitigen und integrativen Zusammenarbeit mit den anderen Planungsdisziplinen und allen AkteurInnen leisten. Mangels gelebter Interdisziplinarität, wurde im Rahmen des Entwerfens stetig auf die Notwendigkeit einer verzahnten Mitarbeit der Disziplinen hingewiesen, um die Folgen des Klimawandels zu bekämpfen. Der universitäre Raum bereitet den Boden für diese Art des miteinander Arbeitens und Lernens. Durch Fachvorträge aus der Mikroklimatologie und Raumplanung wurde uns ein Weg aufgezeigt.
Die konkreten Aufgabenstellungen lauteten deshalb, wie die vielschichtigen Themen der Landschafts- und Freiraumplanung in Hinsicht auf Nachverdichtung und Stadterweiterung zu verstehen sind, wie diese zu reflektieren und zwecks eines Entwurfs als gesamter Themenkomplex zu betrachten sind. Diese erworbenen Fähigkeiten und Erkenntnisse und die der aktuellen Covid-19 induzierten gesellschaftspolitischen Fragen, sollten in einem fachlich fundierten, gestalterisch adäquaten und bestenfalls visionären Entwurf münden.
Die Fragen für die didaktische Arbeitshypothese lauteten:
Welchen Anforderungen muss eine krisenfeste Stadterweiterungsstrategie urbaner öffentlicher Räume genügen, um die Lebensqualität auf Quartiersebene unter der Prämisse des Klima- und gesellschaftlichen-Wandels nachhaltig sicherzustellen?
Welche Planungsinstrumente sind dazu in Wien geeignet bzw. wo gibt es bezüglich der Themen der Klimawandelanpassung und der Pandemie Aufholbedarf?
Die Aufgabenstellung
Die Studierenden wurden aufgefordert, mögliche Zugänge aufzuzeigen, zu entwickeln und gemeinsam – auch mit Vertretern der Stadtplanung - zu diskutieren.
Klimawandelanpassung im Städtebau und die Auswirkung der Pandemiesicherheitsregeln auf die Nutzung des öffentlichen Raumes, seine Beschaffenheit und Aufenthaltsqualitäten.
Smart City Konzept und Pandemie: Ein Reality Check
Der konkrete Ort
Die Klimakrise ist da und wirkt immer stärker auf unseren Lebensalltag - gerade in den Städten und urbanen Ballungsräumen. In dem Zusammenhang und darauf reagierend, gibt es schon eine Menge an Deklarationen, Bekenntnissen, Fachkonzepte und Erklärungen in Österreich und der Stadt Wien, die die erlebbaren klimatischen Veränderungen sowohl aus globaler Sicht, wie auch auf lokaler Ebene thematisieren.
Trotzdem wächst die Stadt Wien ungebrochen weiter und zeigt in den städtischen Entwicklungsachsen auf Basis des STEP 2025 (Stadtentwicklungsplan) vor allem eine starke Verdichtungstendenz, das politische Hauptanliegen liegt in der Schaffung vom leistbaren Wohnraum und nicht in der Bewältigung der Klimakrise.
Das Stadterweiterungsgebiet – In der Wiesen – südlich des Wohnparks Alt Erlaa liegt im Herzen des Entwicklungsgebietes Liesing Mitte im Süden von Wien.
Direkt an der U-Bahnachse der U6 sollen hier in den kommenden Jahren – auf dem Grund ehemaliger Gärtnereien und landwirtschaftlich genutzter Flächen – ca. 3.500 neue Wohnung entstehen.
Die Flächen sind zumeist zwischen den Bauträgern schon großflächig aufgeteilt.
Im Norden grenzt das Gebiet an die Wiesenstadt Nord, die bereits in den 90er Jahren errichtet wurde, sowie im Süden an das Stadterweiterungsgebiet in der Wiesen Süd / Carlbergergasse, das in den letzten Jahren von verschiedenen Wohnbauträgern entwickelt und gebaut wurde.